LIFEHACKS FÜR BARTENDER UND BARTENDERINNEN

5 Weisheiten

Autor: Gabriel Daun

Ich habe es schon des Öfteren gesagt: An der Bar gibt es so viel zu wissen und zu lernen, dass ein Leben dafür bei Weitem nicht genügt! Fünf Gedanken müssen deshalb für diesen Artikel reichen – selbstverständlich ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

01. ICH WILL AUCH MAL CAPTAIN SEIN! – SICHER?

Viele Barkarrieren verlaufen so: Bartender und Bartenderinnen bekommen irgendwann, nach einer gewissen Zeit der Betriebszugehörigkeit, mehr Verantwortung übertragen (d. h. zunächst: Bestellungen machen, Abrechnungen machen, Inventuren zählen – weil der Manager bzw. die Managerin das hasst, wie jeder Mensch, der bei Verstand ist) und werden dann irgendwann selbst zum Manager bzw. zur Managerin einer Bar befördert, weil sie lange genug die Schlüssel nicht verloren haben. Als sei das logisch! Die Wahrheit ist jedoch: Das Management einer Bar ist nichts, was man automatisch beherrscht oder sich verdient hat, nur weil man lange genug in einer Bar gearbeitet hat!

Management (und Leadership, aber das ist noch einmal ein anderes Thema) liegt nicht jedem. Management ist Kunst, bisweilen große Kunst sogar, wenn sie umsichtig und mit der richtigen Ausgewogenheit von Herz und Hirn betrieben wird. In der Bar gilt eben nicht nur put the fun into the business! (das, was passieren sollte, wenn der Vorhang aka die Tür der Bar sich abends öffnet), sondern auch put the business into the business!

„Bartenders are salesmen“, wusste schon Harry Johnson. Nicht nur am Gast, sondern auch in der Administration. Betriebswirtschaftliche Auswertungen (kurz BWA, manchmal langweilig, manchmal ziemlich aufregend, aber für den finanziellen Erfolg einer Bar immer wichtig, nein, eigentlich unerlässlich), täglicher verlässlicher E-Mail-Verkehr, das Schreiben von Dienstplänen, das Konzipieren von Trainings, Kommunikation mit etwaigen Vorgesetzten, Ämtern, Lieferanten, dem Vermieter, Industriepartnern und dem Team, Auswertung von Inventuren, Einzahlungen, das Erstellen und Updaten von SOPs, Kontrolle und Freigabe von Rechnungen usw. – all das ist (leider) unerlässlich. Selbstredend gilt das auch für das Betreiben einer eigenen Bar und nicht nur für angestellte Barmanager und Barmanagerinnen.

Mit Awards ausgezeichnete Bars, in denen mit Awards ausgezeichnete Bartender und Bartenderinnen arbeiteten, die mit Awards prämierte Karten geschrieben haben, mussten schließen, schlicht und ergreifend deshalb, weil sie nicht genügend Kohle machten. Meistens, weil das funky Thema Buchhaltung ein bisschen zu lax gehandhabt wurde und die Kosten überwogen. Ohne Gewinne keine Party! Wareneinsatzkalkulationen sind unglamourös, aber essenziell wichtig. Deshalb keine Angst vor Excel! Um erfolgreich zu sein, muss man die eigene Komfortzone ab und an verlassen. Ist halt leider so. Umgekehrt gilt aber auch: Wer zu viel Zeit mit Accounting verschwendet, weil er ums Verrecken eine Flasche Bourbon irgendwo für einen Euro weniger kaufen will und deshalb lieber eine Stunde vor dem Rechner verplempert, anstatt sich um wichtigere Dinge zu kümmern, hat es ebenfalls nicht verstanden. Denkt an euer Team und eure Gäste, ohne sie gäbe es gar keinen Umsatz!

02. BESCHEIDEN BLEIBEN!

Die meisten Ferrari-Händler fahren nicht mit einem Ferrari nach Hause. Was ich damit meine: Wir verkaufen Luxus, indem wir einen kurzen, manchmal auch längeren oder regelmäßigen Zeitraum im Leben unserer Gäste gestalten, der idealerweise möglichst nah an perfekt ist. Eines der Vehikel, die uns dafür zur Verfügung stehen, sind die erlesenen Produkte, mit denen wir arbeiten dürfen. Das heißt allerdings nicht – nur weil sie zum Alltag einiger unserer Gäste gehören und wir sie an diese ausschenken –, dass sie auch in unserem Alltag jederzeit einen Platz finden können. Als Highlight und Belohnung können, nein, sollten wir uns so oft wie möglich eine Flasche Champagner kaufen (mir fällt kein besserer Weg ein, sein Geld auszugeben). Wer allerdings denkt, man müsse mit dem Gast, den man bedient, der aber das Drei- oder Vierfache verdient und deshalb täglich Schaumweine aus dem französischen Nordosten trinkt, mithalten können, liegt falsch. Es sei denn, der Gast lädt einen auf ein Glas ein – dann gilt: living the champagne life on a lemonade budget.

03. EIN OFF DAY IST KEIN OFF DAY!

Die schlechte Nachricht ist: Nicht alle können der oder die Beste sein. Will sagen: Nicht alle machen die ganz große Karriere in unserer Branche. Allerdings gibt es Gründe dafür, warum es einige schaffen und andere eben nicht. Diejenigen, die ganz oben mitspielen, das behaupte ich einfach mal, wollen es mehr und sind deshalb auch bereit gewesen, mehr dafür zu investieren. Damit meine ich nicht nur Karrierestunden in der Bar, sondern vielmehr die Ausrichtung ihres Lebens auf die Bar. Der abgedroschene Agenturfuzzibegriff der Work-Life-Balance ist ohnehin in meinen Augen nichts weiter als ein großes Missverständnis: Auch Arbeitsleben ist Leben!

Ich denke jedoch: Je mehr sich die Interessen des Privatlebens mit den Anforderungen im Berufsleben überschneiden, desto wahrscheinlicher ist es, dass die Tätigkeit in der Bar von Dingen, die man außerhalb davon betreibt, befruchtet wird. Wer sich auch privat gerne mit Kulinarik (Restaurantbesuchen, Kochen, Wein …), spannenden Themen, die zum Gegenstand der Kommunikation mit Gästen taugen (abonniert euch eine Zeitung! Und lest sie dann auch!), oder Kunst und Kultur (Kino, Theater, Konzerte, Bücher) auseinandersetzt, lässt sein privates Leben nicht nur reicher geraten, sondern wird auch zu einer interessanteren Person, wenn sie hinter dem Tresen oder am Tisch steht und Kommunikation mit dem Gast betreibt.

Einem Bartender etwa, der sich außerhalb der Bar nur von Fast Food und Dosenravioli ernährt, Fernsehbiere trinkt und Mario Barth witzig findet, kaufe ich einfach nicht ab, dass es ihn wirklich umtreibt, ob ein hervorragender Drink noch besser sein könnte. Und über seine Witze werde ich auch nicht lachen..

Und generell gilt: lesen, lesen, lesen! Investiert zehn Prozent eures Trinkgeldes in (Bar-relevante) Bücher. Um wirklich darin zu wachsen, muss die Bar ein gutes Stück weit dein way of life sein, deine Philosophie, deine Liebe, nicht dein Hobby eine lästige Teilzeitbeschäftigung oder gar etwas, das dir etwas schuldet.

04. EIN OFF DAY IST EIN OFF DAY!

Das Gegenteil stimmt allerdings gleichermaßen: In einer Bar zu arbeiten ist psychisch und physisch anstrengend. Deshalb gilt es umso mehr, auf sich selbst zu achten (donʼt get high on your own supply!) und auch andere Dinge zu tun, die mit der Bar rein gar nichts zu tun haben. Die eigene Branche ist nicht die einzige! Interessiert und begeistert euch auch für andere Dinge, habt und trefft branchenfremde Freundinnen und Freunde, bleibt offen, schafft Gegengewichte zu eurem Beruf.

Ihr benötigt, um diesen Beruf lange auf integre Weise ausüben zu können, Tageslicht! Self-care ist kein böses Wort. Achtet darauf, ein gut funktionierendes Zuhause zu haben, in dem ihr Kraft tanken könnt und in dem ihr Kraft zurückzugeben imstande seid. Auf den oben bereits angesprochenen Pfeilern Beruf und Privatleben stehen all unsere Leben. Und beide Pfeiler wollen gepflegt werden, damit sie stabil sind und bleiben. Deshalb gehört es auch dazu, zu wissen, wann Feierabend ist, wann man sich einmal nicht mit der Bar beschäftigt, und sei es nur gedanklich. Die Besten ihres Faches sind – dem, was ich in Punkt 3 formuliert habe, zum Trotz – jene, die auch anderen Interessen nachgehen, und zwar solchen, die vielleicht gar nichts mit ihrem Beruf zu tun haben. So bleiben die beruflichen Herausforderungen länger spannend, denn es ist leichter, sich darauf zu freuen. „Absence makes the heart grow fonder“, trällerte Dean Martin – das gilt nicht nur für geliebte Personen, sondern auch für einen geliebten Job! Will sagen: Manchmal genügt es auch, an einem kalten Winterabend in einer Sauna zu sitzen, ohne darüber zu grübeln, wie man das eben aufgegossene Latschenkiefer-Aroma in einem Drink abbilden könnte. Off Day eben!

Und was die geliebte Person anbetrifft: Nehmt den Menschen, der euch lieb und in der Nacht auch nahe ist, mit in eure Welt! Zeigt ihm oder ihr, wie ihr arbeitet, und freut euch, wenn euer Partner oder eure Partnerin ab und an mit Freundinnen und Freunden bei euch zu Gast ist. Ich verspreche: Es gibt weniger Stress, weniger Unmut und weniger Eifersucht.

05. ZUM SCHLUSS: DREI PUNKTE

Angus Winchester brachte es einmal auf den Punkt. Eine Weisheit, die er mir, als ich noch ein junger Bartender war, einmal mitgab und die ich in den vergangenen Jahren an viele andere Bartender und Bartenderinnen, mit denen ich arbeiten durfte, weitergegeben habe: Eigentlich kann man jede Situation in der Bar auf drei Punkte abklopfen. Bring den Gast zum Lächeln, optimiere den Verkauf oder gib dem Gast einen Grund, wiederzukommen! Wenn das, was man gerade tut, keinen dieser Punkte erfüllt, kann man damit aufhören, es zu tun! Natürlich darf und sollte man dabei um die Ecke denken: Ein gutes mise en place vor der Schicht ermöglicht die Erfüllung dieser Punkte genauso wie die richtigen Entscheidungen während des laufenden Geschäfts – oder auch das rasche Beantworten einer Reservierungsanfrage. Oder genereller gesagt: Alles, was die Rahmenumstände schafft, damit sich ein Gast so wohl wie irgend möglich fühlt, ist es wert, getan zu werden. Wer für die 100 Prozent kämpft, wird immer dafür belohnt werden. Versprochen!

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