01. Wenn du in der Zeit zurückreisen könntest, um die Etwicklung eines Cocktailklassikers zu verhindern: Welcher wäre es?
Okay, kein allzu krasser Klassiker, aber ein Drink, der in der modernen Zeit sehr viel diskutiert wird bzw. Diskussionsbedarf hat, ist der Espresso Martini. Denn eigentlich ist das die moderne Version eines Long Island Icetea. Es gibt wenige Ausnahmen, aber das ist so ein Ding, das für mich eigentlich keinen Mehrwert in einer Barkarte hat.
02. Wenn du an einer großen Gastro-Stellschraube drehen könntest, welche wäre es und was würde sie bewirken?
Es gibt einige Schrauben, die sehr locker bei uns sind, und es gibt andere, die vor vielen Jahren zu fest gezogen wurden. Und die sind jetzt immer noch fest. Eine Sache, die mir persönlich nicht so gut gefällt, ist, dass jeder sich dazu berufen fühlt, Cocktailkurse zu geben. Oder jeder Hinz und Kunz meint, er muss sie jetzt geben oder seine Drinks anderen Leuten zeigen. Da sind ganz viele schreckliche Sachen dabei, und vor allem trägt das nicht zur Professionalität unseres Berufs bei. Weil es eigentlich ganz viele Leute gibt, die da komische Sachen vermitteln, ganz schlimme Rezepte auch so weitergeben und eigentlich damit vermitteln, dass es ja jeder kann. Nur ist es ein riesengroßer Unterschied zwischen „Ich hab mir zu Hause einen Whisky Sour gemacht“ und „Ich mach mir einen richtigen Whisky Sour oder Manhattan oder was auch immer“. Also, das, finde ich, ist eigentlich das Schlimme, und da sollte es eigentlich eine Regelung geben. Es gibt aber keine Regelung oder so was wie einen Prüfschein dafür, aber dann sind wir wieder beim Thema Ausbildung, und das ist ein so viel größeres Thema …
03. Das meistunterschätzte Glas für Drinks ist …?
Meiner Meinung nach gibt es keine unterschätzten Gläser, sondern eher überschätzte oder überbewertete Gläser, und es gibt unterschätztes Eis. Ich glaube, das ist eher das Hauptthema, weil jeder die Gläser benutzt, die er gerne mag. Ich finde tatsächlich auch eher, dass ganz viele Leute unterschätzen, wie praktikabel Gläser eigentlich sein sollten. Vor allem Bartender, die meinen, eine eigene Gläserreihe herausbringen zu müssen, die einfach nicht richtig funktioniert. Ein ebenfalls sehr überbewertetes Glas ist die Martini-Schale.
04. Der Soundtrack für die perfekte ruhige Schicht unter der Woche?
Das kommt sehr stark auf die Gäste an, die man schon im Raum hat. Wenn das Publikum etwas jünger ist, ist Kaytranada eine der besten Sachen, die man auflegen kann. Ansonsten auch Mellow Jazz, Hip-Hop, auch richtig schön. Und wenn das Publikum etwas älter sein sollte, finde ich so Siebziger-, Achtziger-Funk, aber nicht zu wilde Sachen mega. Soultrain-Hymnen und Motown.
05. Für immer in einer Bar nur mit Stammgästen oder nur mit Touris?
Eine gesunde Mischung macht’s eher. Eher 30–40 % Stammgäste und 70–60 % Touris oder eben neue fremde Leute, damit man selber quasi nicht versteift. Stammgäste kennt man eben und weiß genau, was diese Leute trinken. Neue Gäste sind genauso wichtig, damit man quasi nicht stehen bleibt – damit man immer mal wieder neue Sachen macht oder dazu gezwungen wird, Neues zu machen.
06. Die beste Bar der Welt?
Die beste Bar der Welt? Ich würde sagen, die gibt’s noch nicht. Wir reden in fünf Jahren noch mal.
07. Durch die Nacht mit … Welche Person des öffentlichen Lebens wäre dein Favorit für eine Bartour?
Also, früher hätte ich, wenn wir in Deutschland bleiben, so jemanden wie Ulrich Wickert gewählt, der sehr viel erlebt hat und einfach sehr viel zu erzählen hat – ich glaube, das ist ganz cool. Wenn wir international werden, würde ich auf so jemanden wie Jonah Hill setzen, auch wenn er jetzt keinen Alkohol mehr trinkt. Das sind für mich sehr sympathische oder sehr interessante Leute. Ansonsten so jemand wie Quentin Tarantino, jemand, der eine ganz verrückte Sicht auf diverse Dinge hat, aber eben auch seinen Standpunkt gut vertreten kann. Das sind Leute, mit denen man eine sehr gute Diskussion führen kann.
08. Real Talk I: Welche Attitüde unter Bartender*innen kannst du nicht mehr sehen?
Zu große Egos: Man sollte nie vergessen, wer einem den Weg geebnet hat. Das heißt nicht, dass man diesen Weg nicht auch mal neu befahren darf. Man muss aber sagen, dass die Zeiten sich ändern, und trotzdem halten manche Leute leider sehr verbittert an ihrem alten Ego fest, anstatt einfach mal loszulassen. So Sachen wie: „Drinks darf man nur genau so machen, denn das haben wir früher immer so gemacht.“ Eine letzte Sache ist das ständige Kritisieren und Judgen von Branchenkolleg*innen. Ich bin da wahrscheinlich auch nicht das perfekte Beispiel, aber ich würde mal sagen, ich weiß schon, wo ich stehe. Man sollte nicht auf Leute herabschauen, und wenn man Kritik übt, dann bitte so, dass der andere daraus auch was lernen kann.
09. Real Talk II: Welche Attitüde der Spirituosenindustrie kannst du nicht mehr sehen?
Ganz einfach: Ich verstehe schon, dass, wenn man für eine Marke arbeitet, man natürlich diesem Produkt oder diesen Produkten einen höheren Stellenwert gibt. Dass aber dann Leute anfangen jegliche Drinks nur noch mit ihren Produkten zu bestellen, macht für mich keinen Sinn. Man sollte die Bar und vor allem die Drinks auf der Karte in einer gewissen Form respektieren und generell auch mal was Neues probieren, denke ich.
10. Du machst Feierabend, die Tür geht auf und drei deiner absoluten Lieblingskolleg*innen der deutschen Barszene kommen rein: Welche sind es?
Eigentlich würde und möchte ich diese Frage nicht offiziell beantworten. Eine Person, mit der ich aber schon sehr lange nicht mehr Kontakt hatte und die früher eine Art Mentorenrolle für mich hatte, ist Oliver von Carnap. Mit dem würde ich tatsächlich ganz gerne mal nach Feierabend vielleicht noch ein Bierchen trinken gehen.