Autorin: Maria Gorbatschova
Die Mitarbeitersuche ist eine der größten Herausforderungen, mit denen unsere Branche aktuell konfrontiert ist. Die Corona-Pandemie und die damit verbundenen temporären Betriebsschließungen haben einige der Probleme sichtbar gemacht, die die Gastronomie seit Jahren hat. Die Branche hat in dieser Zeit viele Arbeitnehmer an andere Berufe verloren. Das Ende der Pandemie bedeutet allerdings nicht, dass sich die Lage langfristig entspannt. Das Problem betrifft auch keinesfalls die Gastronomie allein.
Nach Einschätzungen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung könnte der deutsche Arbeitsmarkt bis 2035 um bis zu 7 Millionen Arbeitskräfte schrumpfen. Bereits jetzt klagen viele Branchen über das Fehlen von Fachkräften. Im städtischen Raum werben Firmen nicht nur für ihre Produkte, sondern immer häufiger auch um Personal. Das bedeutet, dass die Gastronomie nun mit anderen Branchen im Wettbewerb steht, wenn es um die rarer werdenden Arbeitnehmer geht. Viele dieser Branchen können aktuell besser zahlen und mitarbeiterfreundlichere Arbeitsbedingungen bieten.
Wie finden (und halten) wir Mitarbeiter? Indem wir den Beruf des Bartenders und des Servicemitarbeiters professionalisieren. Indem wir Bars führen, wie man ein anständiges Unternehmen führt – mit klarer Strategie, offener Kommunikation und fairer Bezahlung. Indem wir lange, erfolgreiche Karrieren in der Gastronomie vorleben und möglich machen, damit unser Berufszweig für Bewerber interessanter und konkurrenzfähig im Vergleich zu anderen Branchen wird.
Ich habe dafür 10 Tipps zusammengestellt, die die Mitarbeitersuche erleichtern können.
01. Bestandsaufnahme
Vor der Personalsuche kann es hilfreich sein, die Personalhistorie des Betriebs kritisch zu hinterfragen. Welche Kritikpunkte gab es seitens ehemaliger Mitarbeiter? Gibt es eine offene, freundliche Kommunikation? Wie verhalten sich Bezahlung und Benefits zu dem, was vom Personal erwartet wird? Falls es in der Vergangenheit problematische Mitarbeiter gab: Warum wurden diese eingestellt und wie hätte man sie bereits im Bewerbungsprozess aussortieren können? Es ist wichtig, aus Fehlern der Vergangenheit Schlüsse zu ziehen.
02. Sich klar machen: Wen suche ich eigentlich?
Es fühlt sich in Zeiten von Personalmangel vielleicht richtig an, Stellen so schnell wie möglich zu besetzen. Man sollte sich vorher aber einen Moment Zeit nehmen, um zu überlegen: Welche Eigenschaften suche ich? Welche Erfahrung muss der Bewerber mitbringen? Eine Analyse hilft, eine zielgerichtete Beschreibung der Tätigkeit zu verfassen und Bewerber gezielt anzusprechen. In der Tätigkeitsbezeichnung sollten auch jegliche Benefits auftauchen, die für potentielle Angestellte attraktiv sein könnten.
03. Social Media nutzen
Der Großteil aller Bars nutzt in irgendeiner Form Social Media. Im Idealfall vermittelt der Account bereits die Unternehmenskultur, die Werte und das Produktportfolio. So können Bewerber schon erfühlen, ob der Laden zu ihnen passt. Eine gut gepflegte Online-Präsenz ermöglicht es, recht unkompliziert auf einen großen Pool aus potentiellen Bewerbern zuzugreifen, gerade wenn das Stellenangebot von anderen geteilt wird.
04. Bewerbungsgespräche gezielt moderieren
Anhand der in den ersten Schritten erarbeiteten Anforderungen sollten Kerneigenschaften von Mitarbeitern definiert werden, die der Position entsprechen. Mit gezielten Fragen kann man in Erfahrung bringen, ob der Bewerber diese Eigenschaften mitbringt. Die Vita allein sagt nicht zwingend etwas über Eigenschaften wie Empathie oder Teamfähigkeit eines Bewerbers oder darüber aus, ob dieser sich gut organisieren und mit Zahlen umgehen kann. In einer Barchef-Position wären beispielsweise all diese Fähigkeiten entscheidend.
05. Sich klar machen: Wen suche ich nicht?
Das Ziel der Personalsuche ist es, nicht nur Stellen zu besetzen, sondern auch ein stabiles, funktionierendes Team zu schaffen. Das geht nur mit gezielter Selektion. Ein Mitarbeiter mit einem Mangel an Soft Skills, schlechtem Mindset, problematischem Ego oder fehlendem Gastro-Talent kann ein Team destabilisieren und andere sogar zum Kündigen verleiten. Das Feedback des Teams sollte nach dem Probearbeiten unbedingt abgefragt und ernst genommen werden.
06. Flexibel sein
Gerade in der Gastronomie wird von Arbeitnehmern viel Flexibilität verlangt. Es ist sinnvoll, ihnen ebenfalls Flexibilität entgegenzubringen, um für Mitarbeiter attraktiv zu sein – zum Beispiel mit 4-Tage-Wochen, Teilzeit-Lösungen oder einem flexiblen Schichtplan. Ein erfülltes Privat- und Familienleben sollte nicht im Widerspruch zu einem Barjob stehen. Bei Personalausfällen kann man eine Bar vielleicht auch einfach mal geschlossen lassen, statt einen Kollegen zu verheizen, indem man ihn durcharbeiten lässt.
07. Austausch mit Bars und Bartendern pflegen
Es ist aus vielen Gründen sinnvoll, ein positives Verhältnis zu und einen regen Austausch mit anderen Bars und Bartendern zu pflegen. Ein Gastbartender könnte zu einem neuen Mitarbeiter werden und befreundete Bars könnten Bewerber weiterempfehlen, falls sie schon voll besetzt sind. Man sollte sich auch nicht davor scheuen, bei ehemaligen Teams nach ihren Erfahrungen mit Bewerbern zu fragen..
08. Diversität leben
Kaum jemand ist frei von Unconscious Biases, die sich als unbewusste Vorurteile übersetzen lassen. Die führen häufig dazu, dass wir Bewerber verzerrt wahrnehmen und bevorzugt Menschen einstellen, die uns selbst am ähnlichsten sind. Doch die Gäste in Bars sind diverser denn je, und das Team sollte das im Idealfall reflektieren. Wer sich mit seinen unbewussten Vorurteilen auseinandersetzt und sich aktiv um Inklusion und Diversität bemüht, wird mit mehr Optionen bei Bewerbern belohnt und schafft eine bessere Atmosphäre für Gäste, die sich mit dem Team identifizieren können.
09. Ausbilden
Außer über einen Einarbeitungsplan für jeden neuen Mitarbeiter, in dem Rezepte, Arbeitsabläufe und spezifisches Fachwissen vermittelt werden, sollte man auch über Ausbildungskonzepte für Quereinsteiger nachdenken. Die Suche nach dem perfekten Bewerber gleicht der Suche nach der eierlegenden Wollmilchsau. Beim Recruiting macht es Sinn, sich auf das Potential und die Persönlichkeit von Bewerbern zu fokussieren. Falls Ressourcen dafür vorhanden sind, können Talente geformt werden und sich entwickeln.
10. Mitarbeiter halten
Das beste Mittel gegen Personalnot ist es, Mitarbeiter aufzubauen und durch Förderung, Unterstützung und ein gutes Betriebsklima lange an sich zu binden. Dazu sollten Fortbildungen, strategische Meetings, Feedbackgespräche und Möglichkeiten für die berufliche Weiterentwicklung zum Berufsalltag gehören. Das spricht sich herum und zieht auch in Zeiten mit zunehmend weniger Arbeitssuchenden die richtigen Bewerber an, falls doch mal eine Stelle frei wird.
Die Personalsuche kann frustrierend sein, wenn es nur wenige verfügbare Arbeitskräfte gibt. Trotz allem sollte man sich davon nicht demotivieren lassen. Jede Neueinstellung ist eine Chance, einen Mitarbeiter mit Talenten und Fähigkeiten zu finden, die das Team stärken. Vielleicht sind besonders die heutigen Bewerber, die sich ganz bewusst für eine Karriere in der Gastronomie post Corona entscheiden, hochmotiviert und für erfolgreiche Karrieren bestimmt. Mit gutem Personalmanagement, einer Professionalisierung unserer Branche und vielleicht einer Prise Geduld werden wir auch weiterhin gute Mitarbeiter finden. Unser Job ist es, dafür zu sorgen, dass die Bedingungen dafür stimmen.